Lanzarote, Lava und Kakteengarten

​Die Vulkaninsel Lanzarote ist schwarz wie die Nacht, bizarr wie eine schwedische Felsenplattform und rätselhaft wie Elena Ferrante, von der niemand weiß, wer tatsächlich hinter ihrem Namen steckt. Eine Insel der Superlative und Evolutionsgeschichte in einem. Eine, die ein botanisches Juwel verbirgt und nicht nur GärtnerInnen den Atem raubt. Lanzarote ist immer eine Reise wert. Gerade auch jetzt im tiefsten Winter. Der Kontrast lebt.

Es war einmal…

Manchmal nehmen Texte einen ungewöhnlichen Verlauf. Ein solches Ereignis fand statt, als 16 Bloggerinnen und Blogger für ein kreatives Experiment zusammenkamen, um ihre Assoziationen fliessen zu lassen. Die Aufgabe bestand darin, einen vorgegebenen Song – “Papa was a Rolling Stone” von den Temptations – als Inspiration zu nutzen und ihre aufkommenden Gedanken bündeln und in einen Artikel zu verwandeln. Die so entstandenen Texte sollten gleichzeitig im Internet veröffentlicht werden. So auch der Hintergrund der folgenden Hommage an Lanzarote. Den Song können Sie am Ende des Artikels nachhören.

…eine Vulkaninsel

“Papa was a Rolling Stone”. Doch nicht nur Papa. Denn sind wir nicht alle ein bisschen Rolling Stones? Dachte ich mir damals und so nimmt es auch nicht weiter Wunder, dass die Gedanken kreuz und quer rollten und in Folge, zufällig oder auch nicht, auf der schwarzen Insel Lanzarote landeten. Einer Vulkaninsel, auf der es nur so vor Kunst & Kakteen wimmelt. Im Hinterkopf musikalisch begleitet von den Temptations. Einfach verführerisch.

Schwarzes Herz aus Lavagestein

I love Lanzarote.

Nichts als Steine auf Lanzarote

Lanzarote

Derartige Gedankenspielereien geschehen beinahe täglich, sind keineswegs abwegig, denn im Garten geht es nicht immer linear wie bei den Bücherwürmern zu, deren Stapel ungelesener Bücher ständig wächst. Jedenfalls die Stapel der Profibücherwürmer. Ohne Aussicht, dass sie nachkommen, ihre Bücherberge abzuarbeiten. Soll heißen zu lesen. Eine klassische lineare Entwicklung, wenn auch in eine Richtung, die nicht jedermanns Sache ist.

Doch nicht nur die Bibliophilen haben ihre Spleens, sondern auch wir GärtnerInnen. Ticken auch wir etwas anders und stellen uns unentwegt neue Fragen hinsichtlich unseres Traumgartens. Wollen alles ergründen auf dem Weg zu unserem eigenen Meisterwerk, dem Garten am Ende des Tages. So unter anderem auch die bis heute ungeklärte Frage nach dem grünen Daumen. Was das eigentlich ist, wer einen solchen hat und woran kann man ihn erkennen kann. Was es bedeutet, Talent fürs Gärtnern zu haben und worin sich das ausdrückt. Handelt es sich dabei nur um eine Redewendung oder gibt es ihn wirklich, den Daumen in meiner absoluten Lieblingsfarbe? 

Über derartigen Fragen brütend, trudelte die Einladung zu dem, damals alljährlich stattfindenden, Blogger Blind Date von meinem Kollegen Björn vom Gartenbaukunst Blog in meiner Mailbox ein. Hat mich aus dem Garten und geradewegs auf die Kanaren geschubst.

Ich bin dann mal auf Lanzarote

Ein großes Vergnügen, wie jedes Mal, an einem solchen kreativen Experiment teilzunehmen und seinen Gedanken zu einem Song freien Lauf zu lassen. Zeitnah zu erleben, wohin die Reise geht. Die mich diesmal überraschenderweise auf die Kanarischen Inseln führte. Zum Urgestein, zu Lava und Asche, zur schwarzen Insel. Vorbei an den 70iger Jahren und den Temptations. Die gelinde gesagt wenig bis gar nichts mit der Insel auf den Kanaren zu tun haben. Ganz im Gegenteil, bewegen sich die Musiker auf der Bühne doch überaus sparsam und von rollenden Steinen ist rein gar nichts zu bemerken. Publikum und Sänger schwofen gemächlich vor sich hin. Alles in allem eine schleichend langsame Partie. 

Doch GärtnerInnen ticken nicht nur anders als alle, die mit Garten vor allem Zwerg und dann lange nichts verbinden – doch sie irrren – und denken anders. Manchmal eben auch an Lanzarote und seine Geschichte. An Katastrophen und was das für die Vegetation für Auswirkungen gehabt hat.

Hier zuvor ein kleiner Überblick über die schwarze Schönheit, bevor es in Richtung Kakteengarten, dem in Aussicht gestellten botanischen Juwel, geht.

Vulkanausbruch auf Lanzarote und seine Folgen

Der Vulkanausbruch auf Lanzarote im Jahre 1730 hat die Insel mit Lava überzogen und, sage und schreibe, sechs Jahre lang, bis 1736 angedauert. Eine schier unendlich lange Zeit und ein absolut unvorstellbares Drama. Eines, das seither jede Form von Vegetation zum Staatsakt macht.

In einem solchen Umfeld, möchte man meinen, ist gärtnerisch nicht allzu viel los. Irrtum.

Naturschutzgebiet

Auf den ersten Blick sieht alles karg aus. Doch überquert man die schwarze Insel von einem Ende zum anderen, säumen plötzlich Palmen den Weg. Wind ist immer reichlich zu spüren.

Je nach Jahreszeit ist mitunter ein Hauch Grün zu sehen. Zarte junge Pflänzchen, die sich unerschrocken zwischen Lavagestein den Weg ins Licht bahnen.

La Geria: Weinanbau auf Lanzarote

Überraschend auch, dass in einer derartig bizarren Landschaft Wein angebaut wird. In einer ganz besonderen Gegend, dem Naturschutzgebiet und heutigen Weinanbaugebiet La Geria, das von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt wurde. Darüber hinaus vom MOMA, dem Museum of Modern Art in New York, aufgrund der kreativen wie irrwitzigen Art des Weinanbaus, zum Gesamtkunstwerk erklärt.  

Für die Bewirtschaftung werden trichterförmige Löcher ausgehoben, die Setzlinge darin mit Lavasand fixiert und zum Schutz vor dem ständig über die Insel fegenden Wind mit Lavasteinen geschützt. Ein Anblick wie eine Kraterlandschaft auf dem Mond. Bizarr und surreal. Und so köstlich im Abgang.

Die Evolution beginnt von vorne auf Lanzarote. So ist man ständig auf der Hut, nur ja nichts zu zertreten, versehentlich grünes, keimendes Leben im Entstehen zu stören. Jeder Halm zählt, ist ein kleiner Schritt für die Menschheit, jedoch ein großer für die Insel.

Cesar Manrique, Kunst und Kakteen auf der Insel

Was gänzlich unbedenklich betreten werden kann, ist der von Cesar Manrique, dem berühmtesten Sohn und Künstler der Insel, angelegte Kakteengarten. Über 400 Exemplare gibt es zu besichtigen, einer wie der andere erinnern an eindrucksvolle Steine. Wenn auch nicht an Rolling Stones, so doch an imposante Wüstensteine. Wobei ich der Vollständigkeit halber an dieser Stelle nachtragen möchte, dass mit dem Rolling Stone im Songtext kein rollender Stein gemeint ist, sondern vielmehr ein Herumtreiber. 

Der Kakteengarten in Guatiza

Doch wollen wir zur Ausgangsüberlegung rund um den grünen Daumen zurückzukehren. Gerade diese schwarze Insel, die sich kämpferisch und ungebrochen auf den Weg macht, ihre Vegetation wieder zu erlangen, bestärkt mich und untermauert meine Annahme, dass es den berühmtesten aller Daumen, den grünen Daumen womöglich doch nicht gibt. Denn wie wäre es sonst möglich, unter widrigsten Umständen für üppige Blüte zu sorgen. Und die gibt es tatsächlich auch auf Lanzarote. Selbst wenn man es bei diesem Anblick kaum glauben mag.


​Die Insel trägt noch heute die Handschrift von Cesar Manrique und sollte unbedingt einmal im Leben besucht werden. Weniger zum Herumtreiben, denn zum Erkunden und zum Staunen und ein Gefühl für andere Dimensionen unseres Lebens im Zentrum der bizarren Kulisse selbst zu spüren. Mitten im Lavagestein, umgeben vom Meer und Vulkanlandschaft.

Eine Zeitreise par excellence.​

​Last but not least hier ein Auszug der Gartenblogs, die, steinaffin, damals an diesem Experiment, dem Blogger Blind Date 2019, teilgenommen haben. Die Beiträge, die daraus entstanden sind, können Sie auf folgenden Blogs nachlesen.

Gartenbaukunst, Der kleine HorrorgartenCardamonchai, Beetkultur, Rienmakäfer, Garteneuphorie, Faun & Farn, Herwoodheart, NaturgartenideenEin Stück Arbeit, KistengrünWirGartenkinderWohnungsgarten und Berlingarten.

Viel Spaß beim Lesen!


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Kommentare

15 Antworten zu „Lanzarote, Lava und Kakteengarten“

  1. Anne Reis

    Danke fuer die interessanten Einblicke, liebe Daniela! Lanzarote ist auch so ein Traumziel… Ein wunderbarer Beitrag. Ich mag das Blogger Blind Date wirklich sehr gerne.
    Bis ganz bald!
    LG aus Altona

  2. Claudia

    Liebe Daniela,
    Ich war noch nie auf Lanzerote und hatte bisher, ehrlich gesagt, auch noch nicht den dringlichen Wunsch.
    Aber jetzt hab ich das Gefuehl, bisher ganz schoen was verpasst zu haben ??
    Toller Beitrag!
    Viele Gruesse aus Bielefeld
    Claudia

  3. Max

    Liebe Dani, Lanzarote scheint ja wunderbar zu sein 🙂

  4. Kathleen

    Das Bild, das du von Lanzarote beschreibst, bestaetigt mein bisheriges Bild von der Insel. Und vielleicht ist es auch ganz gut, dass ich nie den Drang verspuert habe, mir die Insel anzusehen. So sind Massen von Touristen weithin dafuer bekannt, dass sie alles zertrampelt. Und wo koennte das schlimmer sein, als auf einer Insel, auf der die Flora sich gerade erst wieder einen Platz erkaempft?
    Es gibt noch viel mehr spannende Urlaubsziele, wo die Pflanzen nicht ganz so zart nicht ??
    Liebe Gruesse
    Kathleen

  5. Basti

    Hallo Daniela,
    es ist immer wieder interessant, was fuer verschiedene Beitraege zu einem Song herauskommen 🙂 Und ich kann mich Bjoern nur anschliessen. Urlaub waere jetzt nicht schlecht 🙂 Toller Beitrag
    Viele Gruesse
    Basti

  6. Debo

    Huhu!
    Also, bei diesem Text spielt in meinem Kopf ein ganz anderer Song: Ich will zurueck nach Laaaan-zaaaa-roooo-teeeee! 😀
    Schoen ist es da wirklich und deine Worte versetzen mich direkt zurueck dorthin 🙂 Die Kontraste, die Pflanzen, Cesar Manrique…
    Liebe Gruesse
    Debo

  7. Dani

    Hallo Debo,
    wie lustig, so hat jeder sein eigenes Kopfradio. Auch wenn es manchmal ein weiter Weg ist, wie von den Temptations Richtung Lanzarote:)
    Liebe Gruesse, Dani

  8. Dani

    Hallo Basti,
    danke dir fuer deinen lieben Kommentar. Ich bin auch immer ganz gespannt, welche Assoziationen ihr zu den Songs habt. Ich hoffe, du hast deinen Urlaub noch vor dir und wuensche dir einen schoenen Sommer.
    Liebe Gruesse, Dani

  9. Dani

    Liebe Kathleen,
    die Touristenmassen wirst du auf Lanzarote gar nicht finden. Ganz spannend ist zb eine Fahrt quer ueber die Insel, wenn du mitten durch eine Lavalandschaft faehrst und kilometerlang keinem Menschen begegnest. Oder ueber Lavasteine am Meer entlang spazierst. Sehr schoen, sehr einsam, sehr bizarr.
    Aber auf die Pflaenzchen muss man natuerlich trotzdem gut aufpassen:)
    Liebe Gruesse, Dani

  10. Dani

    Liebe Anne,
    es war mir ein Vergnuegen, euch nach Lanzarote zu entfuehren. War ja nur ein Kurztrip, dabei gaebe es noch so viel mehr. Freue mich auch schon wieder auf unser naechstes Blogger Blind Date!
    Liebe Gruesse, Dani

  11. Dani

    Lieber Bjoern,
    taeusche ich mich, oder bist du reif fuer die Insel?:)
    Viele Gruesse, Dani

  12. Dani

    Vielen Dank, liebe Claudia, freue mich sehr ueber deinen netten Kommentar. Die Insel ist wirklich speziell und ganz bestimmt eine neue Reiseerfahrung.
    Liebe Gruesse, Dani

  13. Dani

    Ein Traum in schwarz!

  14. Nikolaus

    Liebe Dani, ein sehr gelungener Beitrag. Zur Musik faellt mir leider nicht viel ein, aber … Jetzt haette ich richtig Lust, nach Lanzarote zu fahren und ueber den schwarzen Stein zu spazieren … Liebe Gruesse von einem Mainzer Balkongaertner (immerhin eine schoene bluehende Rose)

  15. Dani

    Lieber Balkongaertner,
    vielen Dank fuer deinen lieben Kommentar.
    Das ist wirklich ein ganz besonderes Erlebnis, ueber Lavagestein zu flanieren. Ich finde, diese spezielle Insel ist eigentlich das ganze Jahr ueber einen Besuch wert und ich wuensche dir eine baldige Gelegenheit, auf die schwarze Insel zu reisen.
    Liebe Gruesse nach Mainz und gib gut acht auf deine Rose, dann blueht sie vielleicht bis zum Frost
    Dani

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Daniela Cortolezis
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