Bosco Verticale: Der vertikale Wald in Mailand

Erinnern Sie sich noch an den vertikalen Wald, den Bosco Verticale? Das grüne Paradeprojekt in Mailand mit den zwei Wohntürmen, die zum Wald aufgeforstet wurden? Kein Witz, denn Mailand zieht alle Register, steht die Stadt doch vor gravierenden ökologischen Herausforderungen. Der vertikale Wald ist eine der Lösungsansätze, um Smog und Luftverschmutzung die rote Karte zu zeigen.

Bewaldete Hochhäuser

2017 habe ich die beiden Hochhäuser im Waldpelz gesehen. Doch seither hat sich die Lage in der Stadt nicht entspannt. Heute hat Mailand mit extremer Luftverschmutzung zu kämpfen und verzeichnet Feinstaubwerte, die zu den höchsten in Europa gehören.

Auch die schweren Unwetter in letzter Zeit haben erhebliche Schäden verursacht. Tausende Bäume wurden entwurzelt, Gebäude und Verkehrsnetze wurden beschädigt und kamen zum Erliegen. Der kolportierte Schaden geht in die zweistellige Millionenhöhe.

Grünes Vorbild in Europa

Mailand unternimmt entschlossene Schritte, um grünes Vorbild in Europa zu werden und verfolgt ehrgeizige Pläne für Stadtbegrünung, Energieeffizienz und Verkehrsmanagement. Der Bosco Verticale ist einer der vielen Maßnahmen.

Zur Erinnerung gehen wir zurück ins Jahr 2017, zum Bosco Verticale, dem vertikale Wald.

Made like in Japan

Fast nach japanischem Vorbild scheint ein Wald im Stadtzentrum von Mailand zu entstehen. Ein Wald der Zukunft, einer der hoch hinaus will, angepflanzt in ungeahnten Höhen. Ein vertikaler Wald, Direktion Himmel. Auch wenn da wie dort die Gründe der Vertikalarchitektur nicht die gleichen sind. Wurde doch in Japan ursprünglich eher aus Platzmangel nach oben respektive nach unten gebaut, steht im europäischen Modell der Umweltgedanke im Mittelpunkt.

Zukunftsmodell: Wald ohne Grenzen

In der italienischen Metropole Mailand geht es steil nach oben. Zwei begrünte und bewaldete Hochhäuser im Norden vom Zentrum von Mailand zeigen der ganzen Welt, wie es gelingen kann, den Wald in die Stadt zu holen. Ein Wohnprojekt mitten in der Stadt aufzuforsten.

Mailand führt dabei Regie und präsentiert sein Zukunftsmodell: Anhand eines Gebäudekomplexes, auf dem 20.000 Pflanzen und in Summe sage und schreibe 800 Bäume wachsen. Eine wahrlich grüne Wohnstätte in luftiger Höhe!

Grüne Architektur des 21.Jahrhunderts

Der Architekt Stefano Boeri zeigt mit seinem Bauwerk, dass es möglich ist, Architektur und Natur miteinander zu vereinen und unter einen Hut zu bringen, ohne dabei die Natur zu zerstören. Ganz im Gegenteil, die Natur fließt mit ein in die Architektur, wird eingebunden und integriert. Wenn auch auf abenteuerliche Art und Weise.

Ausgang dieses baulichen Abenteuers war die Reaktivierung eines etwas heruntergekommenen Stadtviertels an der Porta Nuova im Norden von Mailands Zentrum. Diese Gegend sollte zu einem modernen Teil der Stadt umgebaut werden.

Anlässlich der Weltausstellung, der Expo Milano 2015, wollte man ein repräsentatives Viertel errichten, so modern und nachhaltig wie die Weltausstellung selbst. Darunter einen Wohnkomplex, bestehend aus zwei Hochhäusern, die in Höhe von ca. 80 Metern bzw. 110 Meter hoch über die Stadt ragen. Zwei Tower mit einer Fassade, die durch grüne Außenanlagen sofort ins Auge stechen und auf den ersten Blick den Eindruck erwecken, als hätten sie sich einen grünen Pelzmantel umgelegt.

Jedoch, der Schein trügt, denn es handelt sich nicht um ein Pelzmäntelchen für Hochhäuser, sondern um bepflanzte Balkone, die rund um das Gebäude auf allen vier Seiten und über jeder Etage angelegt sind.

Mensch und Baum im Bosco Verticale

Eher schwebender Garten denn Balkon, findet sich pro Wohneinheit jeweils ein kleiner Wald vor der eigenen Türe.

Jeder der Außenbereiche ist von Bäumen bewachsen, die eine stattliche Höhe bis zu 9 Metern erreichen können.

Die grünen Terrassenflächen erstreckten sich dabei auf knapp 8900 Quadratmeter mit 5000 Pflanzen, blühenden Sträuchern, Büschen, Stauden und gut 800 Bäumen, die in drei verschiedenen Höhen auf dem Hochhaus wachsen und drei, sechs oder neun Meter hoch werden.

Zwei Hektar Wald

Geplant sind in Summe 20.000 Pflanzen sowie eine Gesamtfläche von zwei Hektar Wald in einer Höhe von 110 Metern und es hat fast den Anschein, als läge eine Fassade über der Fassade. Ein Segen für die von hoher Luftverschmutzung geplagten Städter.

Bedenkt man noch den zusätzlichen Sauerstoffkick, der durch den floralen Bewuchs eine Art Filter bildet, ergibt das eine einzigartige grüne Lunge in schwindelerregender Höhe.

Sollte es jetzt auch noch der Tierwelt gelingen, die einladende Idylle zu erspähen und sich diese zunutze zu machen, wird sich hier einiges an Interessantem für Fauna und Flora abzeichnen. Man rechnet schon jetzt damit, mit Hilfe dieses Projektes dem Rückzug einiger Vogelarten in die Stadt Vorschub zu leisten.

Nachhaltige Verbesserung innerstädtischer Lebensqualität

Eine brillante Idee, die, sollte sie sich durchsetzen und funktionieren wie geplant, eine bahnbrechende und nachhaltige Verbesserung der innerstädtischen Lebensqualität bedeutet. Für gute klimatische Verhältnisse wäre gesorgt. Durch die Vegetation in luftiger Höhe wird ein Mikroklima begünstigt, das Feuchtigkeit erzeugt, Schadstoffpartikel aus der Luft absorbiert und Sauerstoff produziert.

Die Lebensqualität nimmt zu. Extreme Temperaturschwankungen können elegant durch die Begrünung gemildert werden. Wind und Stadtlärm werden abgewehrt und abgehalten und im Sommer ist jederzeit für natürlichen Schatten gesorgt.

Voraussetzung dafür war eine Auswahl an Bäumen und Sträuchern, die den am Wolkenkratzer vorherrschenden extremen Gegebenheiten wie Trockenheit, Kälte und Wind zu trotzen wissen und auch standhalten können.

Für ein erfolgreiches Wachstum des Baumbestandes in den grünen Hochhäusern bedarf es eines raffinierten Bewässerungssystems, das elektronisch gesteuert wird und die Wasserversorgung garantiert. Über ein Becken im Souterrain, in dem Brauchwasser gesammelt wird, kann die gesamte Anlage über etagenweise verlegte Schläuche gespeist und somit eine optimale Bewässerung garantiert werden.

Einziger Wermutstropfen im High End Wald ist, dass privates Gärtnern nicht erlaubt ist und die gesamte Pflanzenpflege von einer Gärtnerei übernommen wird.

Dennoch ein ausgeklügeltes System, das die Umweltbilanz der Gebäude verbessert und dazu beiträgt, ideale Lebensbedingungen im Wolkenkratzer herzustellen. Dabei sind die Gebäude mit ihren einzigartigen Dachgärten so konzipiert, dass sie allen Nachhaltigkeitskriterien entsprechen und ihren Bewohnern maximalen Wohnkomfort gewährleisten.

Das Stadtzentrum wird zur grünen Oase und bietet den Luxus, Natur pur direkt vor der eigenen Haustür erleben zu können. Ganz abgesehen von dem Hochgefühl, am frühen Morgen die Tür zu öffnen und mitten im grünen Wald zu stehen. Bei Vogelgezwitscher, Blätterrauschenund würzigem Duft in der Nase. Und das alles im 20igsten Stockwerk eines Wolkenkratzers, mitten in der großen Stadt. Mitten im Wald.

LEED-Gold-Zertifikat

Bei Stefano Boeris Bosco Verticale handelt es sich um ein LEED-Gold-zertifiziertes Projekt, wobei LEED für Leadership in Energy and Environmental Design steht. Ein Rating System für „Green Buildings”.

Im Zentrum steht energie –und umweltgerechte Planung vor dem Hintergrund der Messbarkeit von Nachhaltigkeit und basiert auf einer freiwilligen Zertifizierung.

Bosco Verticale: Best Tall Building Worldwide

Vom CTBUH (Council on Tall Buildings and Urban Habitat) wurde das Projekt aufgrund der Höhe und des Ausmaßes der über 90 Pflanzengattungen und Bäumen mit dem Award für „Best Tall Building Worldwide“ ausgezeichnet. Das „weltweit innovativste Hochhaus“, ein Projekt ohnegleichen, so die Jury.

Man darf gespannt sein, ob diese neue Architektur dem Klimawandel gerecht wird und grüne Wohnhäuser auch in Europa Fuß fassen werden.

Between Nature and Architecture

In Japan hat’s begonnen, in Japan schließt sich auch der Kreis.

„In einem Haus zu wohnen ist wie in einem Baum zu wohnen«.

(Sou Fujimoto)

So das Motto einer Ausstellung des japanischen Architekten Sou Fujimoto, der gleich noch einen Schritt weiter geht. Sieht man genauer hin, setzt er eigentlich zum Sprung an und nicht nur zu einem Gedankensprung. In seinen Häusern muss man tatsächlich springen, um von einer Ebene zur anderen zu gelangen.

Wie einst Tarzan im Dschungel. Heute heißt das Großstadtdschungel.

M. Claude empfiehlt:

Unternehmen Sie eine Reise nach Italien oder vielleicht sogar nach Japan.

Sollte es gerade nicht so gut passen, gönnen Sie sich dennoch ein paar Minuten Zeit und reisen Sie einfach virtuell an die Schauplätze des Neuen Grünen Wohnens.

Buon viaggio, 良い旅!
Gute Reise und viele Anregungen!

Kommentare

4 Antworten zu „Bosco Verticale: Der vertikale Wald in Mailand“

  1. Silvia

    …strepitoso! Avresti dovuto fare la giornalista! !!

  2. puppi

    Molto interessante, veramente !

  3. Dani

    Grazie mille, Silvia!
    Cari saluti
    Dani

  4. Dani

    Ueberdies sehr spannend, dass jetzt auch in Oesterreich ein aehnliches Projekt – gruene urbane Visionen im Fokus – in Planung ist! Es handelt sich dabei um den “Green Tower” im Rahmen des Graz-Reininghaus Projektes.
    Bin sehr gespannt, wie die Gruenpflege in diesem Tower geplant ist!
    Liebe Gruesse
    Dani

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