Einjähriges Berufkraut. Feinstrahl

Neophyten Alarm! Das Berufkraut taucht gerade wieder auf und breitet sich in unseren Gärten aus. Aus Übersee eingeschlepptes Unkraut wuchert im Garten und durchdringt sein Zielgelände mit Wurzeln, die bis zu einem Meter lang werden können. Verdrängt einheimische Pflanzenarten und steht in der Schweiz bereits seit 2016 auf der Watchlist der Problempflanzen. Wer aber sind diese Neophyten und was kann man gegen sie tun?

Berufkraut: Gänseblümchen auf High Heels

Die Wildpflanze war ursprünglich eine Zierpflanze und gelangte im 17. Jahrhundert von Nordamerika nach Europa. Die einjährige Pflanze blüht von Juni bis hinein in den Oktober und bildet während dieser Zeit immer wieder neue Blüten, filigrane Blüten, wie auf Leinwand gepinselt.

Sie hat nicht nur viele Namen wie

  • Feinstrahl
  • Sommerneuschnee oder eben
  • Berufkraut, allerdings ohne “s”,

sondern ist auch eine Tripelgängerin von Gänseblümchen, Kamille und Margerite. Bis auf einen augenscheinlichen Unterschied: ihre Höhe. Das Berufkraut lebt auf hohem Fuß und kann eine unglaubliche Höhe von über einem Meter erreichen. In meinem Garten ganz offensichtlich ein wenig mehr.

Berufkraut überwuchert Margeriten

Hübsch ist es ja, das Kraut und so freue ich mich jedes Jahr, wenn auch nur kurz, darüber, es wieder im Garten zu sehen. Denke anfänglich nicht im Geringsten daran, die sich im Garten drängelnden Neophyten abzuwehren, sie zu bekämpfen.

Doch die Freude ist meist nur von kurzer Dauer, da sie mir jedes Mal aufs Neue deutlich über den Kopf zu wachsen drohen. Leider jedes Jahr ein bisschen mehr.

So auch heuer. Hier die aktuellen Daten zur Lage des Berufkrauts, ausnahmsweise mit “s”:

  • Blütemonat: Juni
  • Höhe: 1,40 m
  • Tendenz: aufstrebend
  • Ausweg: keiner
  • Kompromiss: 50:50, dh was zu viel ist, kommt weg, die anderen fünfzig Prozent dürfen bleiben, solange jedenfalls, bis das optische Gleichgewicht ins Wanken gerät.

Das Berufkraut im Garten

Jahr für Jahr somit das gleiche Spiel. Zuerst herrscht Freude darüber, die Hübsche mit ihren zarten Federn im Kreis meiner Lieben im Garten zu wissen. Dann folgt regelmäßig die große Aufregung, denn das Gänseblümchen auf High Heels kommt nicht allein, sondern in Gesellschaft. Im Rudel.

Doch mit wem haben wir es beim Berufkraut zu tun?

Wer ist diese Pflanze eigentlich?

  • Ist sie gar eine Freundin der lustigen Gänseblümchen, die nicht aufgeben, unverdrossen weiterblühen und nicht einmal vor dem Rasenmäher in die Knie gehen? Auch wenn viele von ihnen nach einer solchen Rasur erst mal kräftig nach Luft schnappen müssen, sich aufrichten, um wieder von vorne zu beginnen. Blüten zeigen. Unerschrocken, als gäbe es keine nächste Woche, keinen Rasenmäher.
  • Womöglich eine gute Bekannte der Margeriten, von denen ich einfach nie genug bekomme und niemals genug bekommen werde? Die ich ganz im Gegenteil unentwegt nachpflanze, solange, bis kein Fleckchen Wiese mehr von ihnen unbesetzt bleibt. Die ich als Margeriten Tüpfelchen tütchenweise oben drüberstreue und die für mich die gepflanzte Vorstellung von Garten, Sommer, Sonnenschein sind. Die Urlaubsgefühl pur sind.
  • Oder handelt es sich beim Berufkraut um die große Schwester der kleinen Kamille? Nur von anderem Charakter. Denn dort, wo die Kamille still artig und sittsam in jeder Lebenslage Contenance bewahrt, drängelt sich das Berufkraut wild und ungestüm in den Vordergrund. Immer leicht zerzaust, struppig und fahrig, immer abenteuerlustig und auf Entdeckungsreise durch den Garten. Auf Invasionskurs. Wie es sich für Invasive gehört.

Doch wie schön das Berufkraut auch ist – nicht ganz zufällig wird es wegen seiner bezaubernden Blütenblätter auch Feinstrahl genannt – ist es von Vorteil, ein wachsames Auge auf das Gänseblümchen auf High Heels zu haben. Bevor es zu spät ist. Ohne ihm gleich radikal zu Leibe zu rücken.

Denn selbst wenn es noch so schön ist, gibt es in meinem Garten auch noch andere zauberhafte pflanzliche Geschöpfe, die sich entfalten wollen und denen die invasive Nachbarschaft manches Mal ein bisschen zu viel wird. Dann, wenn das wilde Kraut gar zu üppig sprießt und alles unter sich in Schatten taucht. Dann, wenn es sich über Nacht auf der Wiese ausbreitet, vermutlich im Glauben, der Garten gehöre ihm und müsse eingenommen werden.

Da ist guter Rat teuer.

Berufkraut gegen den bösen Blick

Wirft man einen Blick über den Gartenzaun, dorthin, woher das Berufkraut kommt, dessen Name im Übrigen nicht das Geringste mit Arbeit zu tun hat, gerät man zweifellos ins Staunen und sieht die Invasiven in einem ganz anderen Licht. Denn ihre Bezeichnung verdankt die Pflanze einem alten Aberglauben, demnach sie Zauberkräfte hätte und vor dem „Berufen“ zu schützen vermag.

Verflucht, verhext, verzaubert: Gegen alles ist ein Kraut gewachsen

Vielleicht haben Sie schon davon gehört, vom dem Volksglauben, der davon ausgeht, es handle sich um eine Zauberpflanze, die die Kraft hat, Menschen, die mit einem Fluch belegt sind, davon zu befreien, zu heilen. Wie dem bösen Blick.

Für einen solchen Spezialeinsatz wurde einst aus dem Berufkraut ein Pflanzensud hergestellt und die betroffene, da verhexte oder mit einem Fluch belegte Person, damit gründlich gewaschen. Die Berufung regelrecht abgewaschen.

Welche Berechtigung diese Methode heute noch hat, sei dahingestellt. Aber da wir uns ja auch der Kamille bedienen, ist alles möglich.

Invasive Neophyten im Überblick: Wie man sie erkennt und bekämpfen kann

So schön, so zart, so liebreizend das Berufkraut mit seiner Zauberkraft auch sein mag, so ist es doch gut, dass man die Staude richtig identifiziert und sie als das erkennt, was sie ist. Nämlich nicht nur als anmutig blühendes Unkraut, sondern als eine der zahlreichen und ernstzunehmenden Neophyten, die sich bei uns immer mehr breitmachen. Pflanzen, die mit dafür verantwortlich sind, dass die Artenvielfalt unserer heimischen Pflanzenwelt rückläufig und in Gefahr ist.

Detaillierte Präventions- und Bekämpfungsmaßnahmen finden Sie hier bei den Naturfreunden Österreichs, die ausführlich über die einzelnen Pflanzen informieren. Vom Riesen-Bärenklau bis hin zum Japanischen Staudenknöterich.

Hier dazu die einzelnen invasiven Pflanzen im Überblick:

  • Beifußblättrige Ambrosie
  • Riesen-Bärenklau
  • Amerikanische Kermesbeere
  • Japanischer Staudenknöterich, Sachalin-Staudenknöterich, Bastard-Knöterich
  • Kanadische Goldrute
  • Drüsiges Springkraut

Dass die Kartoffel logischerweise in dieser Aufstellung fehlt, mag garantiert niemanden verwundern. Dass sie jedoch zu den Neophyten gezählt wird, sehr wohl. Als Lieblingsgemüse unserer Zeit wird man sie auf keiner Watch List finden, doch auch sie ist alles andere als heimisch …

Mehr darüber, wie gefährlich Neophyten sind, wie man sich des Berufskraut kulinarisch entledigen kann und über die eingewanderte Kartoffel lesen Sie hier.

Am Ende bleibt noch eine Frage ungelöst, nämlich die, warum das Berufkraut ausgerechnet in meinem Garten von Jahr zu Jahr höher und höher wird. Ob das damit zusammenhängen könnte, dass ich meinen Garten immer öfter mit Kaffee füttere? Aber das ist eine andere Geschichte…


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Kommentare

2 Antworten zu „Einjähriges Berufkraut. Feinstrahl“

  1. ich

    Sooo schoen geschrieben! :-))) Gaensebluemchen auf high heels haha… ;-]
    Und ja, ich hab das auch auf der Terrasse wachsen und liebe es, passe aber ab sofort auch auf, dass es nicht zu viel wird. Hoehe bei mir 50 bis 100 cm, sitzt aber auch in kleinen Ritzen und hat dadurch nicht so viele Naehrstoffe. Hab die Pflanze im Netz uebrigens schon letztes Jahr gesucht, damals vergeblich, diesmal hab ich den Krautfinder entdeckt, da ging das dann ganz fix. Ich weiss nicht, wie das “damals” ohne Internet ging – oft wohl gar nicht…

  2. Sandra

    Ich habe, glaube ich ein Riesenexemplar von ueber 2 m an der Hauswand stehen. Es ist schon uebersaeht mit Knospen, die in den kommenden Tagen aufgehen. Dann weiss ich es. Vielleicht ist es Suedamerikanisches Berufkraut, das soll 2,5 m hoch werden, laut meinem Buch.

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