Nachhaltig Gärtnern: Interview mit Petra Zilliges

Nachhaltig Gärtnern

Nachhaltig Gärtnern muß kein unerreichbares Ziel sein. Denn es gibt sie, die Geschichten, die uns Hoffnung auf eine bessere Zukunft machen. Geschichten, die uns motivieren, dass wir alle einen Beitrag zum Schutz unseres Planeten leisten können. Eine solche Geschichte erzählt Petra von Greenberries, einem Blog, auf dem sich alles rund um Nachhaltigkeit dreht. Petra lebt auf einem alten Bauernhof im Herzen Brandenburgs und versteht es meisterlich, ihren Alltag nachhaltig zu gestalten. Im folgenden Interview teilt sie ihre Erfahrungen, ihre Erfolge, aber auch Misserfolge mit uns. Denn auch die bleiben nicht aus.

Interview über nachhaltiges Gärtnern

Liebe Petra!

Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, hier über dein Leben, das du mittlerweile ganz auf Nachhaltigkeit ausgerichtet hast, zu berichten. Kannst du zum Einstieg ein wenig über dich erzählen?

    Vielen Dank, liebe Daniela, für die Möglichkeit und für die Einladung. Ich bin Petra, 40 Jahre alt und ich bin vor mittlerweile 7 Jahren mit meinem Mann von Berlin raus aufs Land gezogen. Wir haben uns einen kleinen alten Bauernhof gekauft und leben dort so ein wenig unseren Kindheitstraum. Wir haben ein Pferd, welches aber nicht direkt bei uns steht, einen Hund, ein paar chinesische Baumstreifenhörnchen und ganz viele Hühner.

    Du hast eine sehr starke Verbindung zur Natur und arbeitest Tag für Tag daran, dein Leben nachhaltig zu gestalten. Was war der Auslöser, der dich dazu gebracht hat, diesen Weg einzuschlagen? Welche Erfahrungen und Entscheidungen liegen dem zugrunde?

    Rückblickend gesehen der Umzug aufs Land. In Berlin habe ich nicht wahrgenommen, wie Vögel in den Süden ziehen, wie die Natur aufblüht, wenn es mal regnet. In Berlin hatte ich fast ein wenig den Bezug zum Eigentlichen verloren. Seitdem wir auf dem Land leben, nehme ich den Wechsel der Jahreszeiten viel stärker wahr. Wir haben uns unbewusst in einer der trockensten Gegenden in Brandenburg angesiedelt und dadurch schnell auch gemerkt, was Klimawandel bedeutet. Gleich in den ersten Jahren gab es Hitzesommer und Schnee zu Ostern. Das hat mich persönlich sehr erschrocken, weil mir das Thema davor nie so drängend erschien. Mit dieser Erkenntnis kam viel Scham, dass alles zuvor nicht wirklich mitbekommen zu haben.

    Dein Garten spielt eine große Rolle in deinem nachhaltigen Lebensstil. Wie würdest du nachhaltiges Gärtnern definieren?

    Ich finde da gibt es einen breiten Rahmen, wo nachhaltiges Gärtnern auch schon anfängt. Bspw. indem man auf Rasen verzichtet und Wildblumen wachsen lässt, oder drauf achtet, keine Folienabdeckung zu verwenden. Jede Aktion, die Gift oder Plastik vermeidet ist erstmal gut. Sinnbild vom nachhaltigen Gärtnern ist für mich aber die Permakultur. Nutzen, was die Natur bietet, statt mit Gift natürliche Mittel kaputt zu machen. Ich glaube wir müssen uns alle mal daran erinnern, dass die Natur ohne uns ganz gut klarkam. Alles, was entsteht hat einen Nutzen. So auch bei vermeintlichem Unkraut.

    Gibt es ein Projekt in deinem Garten, auf das du besonders stolz bist?

    Mein Mann würde sicher unser schönes Gewächshaus erwähnen. Dies hat er aus alten Fenstern und Doppelglasplatten von einem alten Wintergarten gebaut. Ich bin dagegen aber eigentlich auf alles stolz was wir in diesen 7 Jahren gelernt, geschaffen und geerntet haben. Jede sprießende Pflanze macht mir Freude, jede Frucht, die ich ernten kann oder auch die eigene Marmelade, welche mittlerweile in Massen in unserem Vorratskeller wartet.

    Was war die größte Herausforderung, als du versucht hast, deinen Garten nachhaltiger zu gestalten? Auf welche Probleme bist du bei der Umsetzung gestoßen und gibt es Herausforderungen, mit denen du heute noch zu kämpfen hast?

    Ich würde gar nicht sagen, dass wir unseren Garten „um“gestaltet haben. Wir haben das Grundstück von einem älteren Ehepaar gekauft, welche viele Jahre zuvor bereits Hühner und Enten gehalten haben und auch alles für die Versorgung angebaut hatten. Dies alles war schon ein paar Jahre her, aber wir konnten vieles nutzen. Wir haben einen riesigen Fundus von Werkzeug und Gartengeräten übernommen, den Hühnerstall konnten wir einfach wieder gangbar machen und die alten Obstbäume schenken uns jedes Jahr Massen von Obst. In den Anfangszeiten und auch heute noch, stoßen wir aber immer wieder auf Probleme. Wir Stadtkinder machen da auch einfach viel falsch. Fast alles haben wir zweimal erbaut oder dann umgepflanzt, weil wir erst im Laufe der Zeit Erkenntnisse gesammelt haben, was man hätte besser machen können. Ich denke, dass wird auch die nächsten Jahre so weiter gehen. Ob ich aber jemals Kartoffeln ernten kann, wage ich mittlerweile zu bezweifeln.

    Hast du eine spezielle Technik, die du für besonders wirksam hältst, um Nachhaltigkeit im Garten zu fördern?

    Mulchen! Mit allem, was man hat. Wir haben Sandboden, welcher Wasser so gut wie gar nicht hält. Mulchen hält das Wasser zumindest etwas länger drin. Das Mulchgut zersetzt sich mit der Zeit und so wird sich unser Boden über die kommenden Jahre auch verbessern. Man spart also Wasser, bietet den Bodenlebewesen ein paar Nährstoffe und gewinnt dadurch tollen Boden.

    Wie gehst du mit Schädlingen oder Krankheiten in deinem Garten um?

    Was sind wirklich Schädlinge?! Ich gehe davon aus, dass alles in der Natur einen Nutzen hat. So sind auch bspw. Blattläuse wichtig als Nahrungsquelle für viele Kleinstlebewesen. Zerstöre ich diese sogenannten Schädlinge, greife ich in einen Zyklus ein, der ohne mich bislang ganz gut funktioniert hatte. Leider lebt die heutige Natur ja nicht mehr im Kreislauf, eben weil der Mensch schon zu viel eingegriffen hat. Aber ich versuche das tatsächlich zu vermeiden.

    Welche Bedeutung kommt dem Boden zu und was kann man tun, um die Bodenqualität bzw. die Bodengesundheit zu verbessern?

    Wie wichtig guter Boden ist, haben wir tatsächlich lernen müssen. Bei unserem Sandboden ist es wirklich schwer. Bestimmte Pflanzen wachsen da natürlich sehr gut, andere dagegen brauchen einfach besseren Boden. Das war mir als Stadtmensch auch klar, aber nicht, dass es so einen großen Unterschied macht. Uns wird das Mulchen helfen, davon bin ich überzeugt, aber das dauert natürlich. Einmal im Jahr, immer im Herbst, bringen wir frischen Pferdemist auf unsere Beete auf. Dieser hat dann den Winter Zeit sich gut zu zersetzen.

    Könntest du uns natürliche Düngemittel oder Schädlingsbekämpfungsmethoden empfehlen, die du in deinem Garten verwendest?

    Brennnesselsud ist ein Allheilmittel und gehört in jeden Garten. Wir setzen jedes Jahr ein großes Regenfass an. Einfach ein Teil Brennnesseln und zwei Teile Wasser. Dies alles sollte 2 Wochen vor sich hin gären und kann dann direkt auf die Pflanze aufgebracht werden. Verdünnt wirkt der Sud auch als Dünger. 

    Gibt es bestimmte Pflanzen, die du als besonders nachhaltig erachtest, sei es aufgrund ihrer Robustheit, ihrer Rolle im Ökosystem oder ihrer Fähigkeit, dem Boden Nährstoffe zurückzugeben?

      Für das Ökosystem achte ich darauf, dass möglichst immer etwas in unserem Garten blüht oder Früchte als Nahrung am Baum hängen. Hagebutten habe ich da sehr zu schätzen gelernt. Gerade im schlechten Winter finden Vögel da auch noch was zu essen und sie sind auch ein tolles Leckerli für unser Pferd.

      Bohnen oder im allgemeinen Hülsenfrüchte geben dem Boden mehr Stickstoff zurück als sie nehmen. Ich habe mal den Tipp gehört, die Pflanze noch über dem Boden abzuschneiden und die Wurzeln im Boden zu belassen.

      Wie gehst du mit Neophyten im Garten um?

        Unsere Hörnchen sind Neophyten. Daher kann ich wohl sagen, dass ich sie hege und pflege. Nein, Spaß beiseite. Unsere Hörnchen bewohnen zwei große Volieren, in denen sie sich offenbar auch wohl fühlen und natürlich dürfen sie diese leider nicht verlassen.

        Grundsätzlich sind Neophyten erstmal nicht schlimm und mittlerweile häufig auf unseren Tellern und damit auch in unseren Gärten verbreitet, wie bspw. die Tomate. Schwierig wird es, wenn die Pflanzenart anfängt sich invasiv auszubreiten. Wir haben keine der Arten in unserem Garten und ich würde sie auch nicht in unseren Garten einbringen. Verbreitet sie sich auf andere Wege bei uns hilft nur auspflanzen, möglichst noch vor der Blüte, damit die Verbreitungswegen abgeschnitten werden. Sie gehört dann auf jeden Fall nicht auf den Kompost oder anderweitig verarbeitet.

        Welche Rolle spielt ein Kompost im Garten?

          Tatsächlich haben wir keinen Kompost. Eigentlich gehört er natürlich in einen Garten, aber wir haben einfach keine kompostierbaren Abfälle. Essensreste bekommen unsere Hühner, Gartenabfälle werden zum Mulchen genutzt oder gehen auch an die Hühner.

          Wie sieht es aus mit der Wasserversorgung des Gartens? Lässt sich der Wasserverbrauch minimieren und dabei trotzdem gesundes Pflanzenwachstum fördern? Hast du eine spezielle Strategie, um Wasser einzusparen?

            Ich kann empfehlen, abends zu gießen. Am besten wenn die Abendsonne schon Richtung Horizont wandert. Die Sonne kann das Gießwasser so nicht sofort verdunsten lassen und die Pflanzen haben länger etwas von. Ansonsten gibt es vieles, was sich die Natur ausgedacht hat, was wir uns wieder zu Nutze machen können. Tomaten können bspw. vergleichsweise lange Wurzeln bekommen und sich das Wasser im Freiland auch von weiter wegziehen. Man muss sie sich aber natürlich im Laufe des Frühjahrs entsprechend erziehen. Und dann natürlich das Mulchen, aber das hatte ich ja schon berichtet.

            Gibt es GärtnerInnen, die du bewunderst und von denen du selbst gelernt hast?

              Ich kann den Blog von Wurzelwerk sehr empfehlen. Dieser Blog hat mich sehr inspiriert, mehr aus unserem Garten rauszuholen. Ansonsten schau ich einfach viel bei Instagram oder Pinterest umher und lass mich inspirieren.

              Was hat dich besonders inspiriert, als du begonnen hast, nachhaltig zu gärntern? Hast du Buchtipps für unsere LeserInnen?

                 „Vom neuen Leben auf dem Lande“ von John Seymor – Er beschreibt sehr umfangreich die Möglichkeiten zur Selbstversorgung bis hin zur Stromproduktion mit einem eigenen kleinen Windrad. Alles werden wir wohl nie umsetzen, es inspiriert aber immer wieder für mehr.

                Wie siehst du die Zukunft des nachhaltigen Gärtnerns? Gibt es bestimmte Trends oder Entwicklungen, die du für besonders spannend hältst?

                  Allgemein wächst das Bewusstsein für Nachhaltigkeit, nicht nur im Garten. Plastikfreie Alternativen gab es schon immer, man hat sie wahrscheinlich aus Bequemlichkeit, nur nicht mehr genutzt. Wir besinnen uns wieder auf Sachen, die zu Omas Zeiten normal waren und das finde ich toll.

                  Was würdest du unseren LeserInnen empfehlen, die noch am Anfang stehen und gerade erst beginnen und ihren Garten nachhaltiger gestalten wollen?

                    Macht euch frei von Erwartungshaltungen. Es muss nicht immer alles perfekt sein und kann nicht immer alles klappen. Dafür gewinnt man Erkenntnisse und kann es im nächsten Jahr besser machen. Weniger ist manchmal mehr. Eure Nachbarn erwarten vielleicht einen tollen Rasen oder einen schick gemachten Vorgarten. Aber genau das ist meistens nicht nachhaltig. Macht euch frei davon und setzt eure eigenen Maßstäbe.

                    Hättest du noch eine abschließende Botschaft oder einen Gedanken, den du mit unseren LeserInnen teilen möchtest, der sie motiviert und inspiriert, ihren eigenen Weg zum nachhaltigen Gärtnern zu gehen?

                      Fragt euch nicht, wie ihr etwas bekämpfen könnt, sondern warum die Natur dies wachsen lassen hat. Es hat alles einen Sinn.

                      Wo können unsere LeserInnen noch mehr über dich und deine Arbeit erfahren?

                      Ich schreibe einen Blog auf greenberries.de. Hier schreibe ich Artikel zu Themen wie nachhaltiges Gärtnern und Hühner, aber auch Nachhaltigkeit im Alltag. Diesen Blog findet man auch auf fast allen Social Media Plattformen. Schaut gern vorbei.

                      Herzlichen Dank für das Interview!


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