FREUNDSCHAFT MIT DER VIELLEICHT HÄSSLICHSTEN ALLER BALKONBLUMEN Eine kurze und informativ angelegte Runde durch mein Gartencenter wurde zum Beginn einer neuen Freundschaft. Anstatt eine inspirierende Stunde im Kreise des Günzeugs der Saison zu verbringen, entspannt durch die Reihen zu flanieren und dabei mit Wonne zu gustieren, erwies sich der Ausflug im Nachhinein als eine gedankliche Neuorientierung. Als überraschendes Momentum in der Causa Pelargonie.Und so hat alles begonnen. |
Der Gärtnerin Begehr, für Glanz und Schimmer im hauseigenen Dschungel zu sorgen, versprach einen vergnüglichen Ausflug ins Reich der Pflanzen. Diese waren dann auch in Reih und Glied hübsch und adrett aufgestellt und präsentierten sich von ihrer Zuckerseite. Für all die hungrigen GärtnerInnen auf der Jagd nach des Pflanzenwahnsinns fetter Beute.Ein Zimmer für sich allein
Mein Fokus war entsprechend meiner Mission “Licht ins Unterholz” weniger auf Buntes, denn auf gleißendes Licht für den Schatten gerichtet. Ich durchforstete Quadratmeter um Quadratmeter auf der Suche nach dem einen, ganz besonderen Lichtblick, einem weißen gegebenenfalls auch hellgrünem Flash für meine neugestaltete, nur bislang noch reichlich finstere Leseecke im tiefsten Busch. Für mein Gartenzimmer, meinen kleinen und feinen Rückzugsort, der Goldes wert ist. Für all die geschriebenen Worte, die gelesen und all die Gedanken, die geschrieben werden wollen. Für uns Gartenfreunde, Literaturbegeisterten und Blogger sowieso.The Look
Der Weg zum Licht führte vorbei an Stauden, Muttertags Arrangements und filigranen Gräsern, die jeden Besucher als potentiellen und zukünftigen Gärtner ins Visier nahmen. So auch mich. Entsprechend fühlte ich mich beobachtet, observiert, ja geradezu fixiert von einer Pelargonie. Sehr zu meiner grenzenlosen Langeweile, wie ich gestehen muss, Fadesse oblige, denn die Pelargonie oder die Geranie, wie sie auch genannt wird – was die Sache jedoch um nichts besser macht – war zu diesem Zeitpunkt, gelinde gesagt, ein absolutes No-Go für mich. Nicht mein Ding, die Pelargonie. Bis jetzt!
Die Schöne und die „Kaiserin“ Maria Theresia
Erstaunlich aber wahr, doch das Blatt hat sich seit diesem Ausflug gewendet und meine Neugierde ward geweckt. Ausgelöst durch eine kleine Information, angebracht am Pflanzentisch, die darauf hingewiesen hat, dass es sich bei dem mir ins Auge gesprungenen Exemplar um die Pflanze des Jahres 2017 in der Steiermark handle. Namens „Bella Bonita“. Schön und gut. Die Pelargonie hat meine Aufmerksamkeit erregt.
Neugierig aufgemerkt, machte ich mich, kaum zuhause angekommen, auch schon auf ausgezeichnete Pflanzenjagd und komme seither aus dem Staunen nicht mehr heraus. Denn rund um die Pelargonie herrscht reges Treiben, ist ganz schön was los. Das Balkonwunder Pelargonie scheint richtiggehend zum Geheimtipp geworden zu sein und durch die Welt gereicht zu werden. Ein Leckerbissen für jeden viralen Marketer!
Die Pelargonie beeindruckt international und erhält eine Auszeichnung nach der anderen. Von meiner in den Wagen gehüpten „Bella Bonita“ bis hin zum ungekrönten Blumenhaupt „Maria Theresia“ , die an den 300. Geburtstag der österreichischen Erzherzogin erinnern soll.
So gesehen wird die Pelargonie immer interessanter, je mehr ich mich mit ihr beschäftige und daher werde ich heute einen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen und mit meinem Vorurteil gegenüber Pelargonien abschließen. Gestern war gestern und heute ist heute. Jetzt sehe ich sie mit ganz anderen Augen, entdecke aparte Züge in der zarten Zeichnung ihrer Blätter, erfreue mich an ihrer Farbintensität und bin auf dem Weg zur Pelargonien Freundin zu werden.Ausgezeichnete Pelargonie
Österreich. Pflanze des Jahres 2017 Steiermark. In der Steiermark wurde meine ex „Flora non grata“ von einem Zusammenschluss steirischer Gärtnereibetriebe ausgezeichnet und zur Pflanze des Jahres 2017 erwählt.
Pelargonium for Europe. Doch auch europaweit wird viel Wind um die Pelargonie gemacht. 2016 wurde die Initiative Pelargonium for Europe, eine Marketinginitiative europäischer Pelargonienzüchter gegründet. Ziel ist es, den Absatz der Pflanze innerhalb der Europäischen Union anzukurbeln und auf Dauer zu sichern. Heuer gehen neun Länder an den Start, die Pelargonie mit Nachdruck zu vermarkten und diese in europäischen Blumenkisterln Einzug halten zu lassen. Mit dabei sind Deutschland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Belgien, Polen, Österreich, Schweden und die Schweiz. Hier kommt der Pelargonie eine ganz besondere Rolle zu. Die Schweizer machten sie zum eidgenössischen Symbol, zur Nationalblume. Und obschon das Storchschnabelgewächs, das „Großmutter Blüemli“, wie die Schweizer meine neue Freundin in spe liebevoll nennen, vielfach totgesagt wurde, ist die Pelargonie allen Unkenrufen zum Trotz ein Dauerbrenner mit Zukunft und scheint gerade einen neuen Aufschwung zu erleben.Liebe auf den zweiten Blick
Für die einen mit Abstand die hässlichste aller Balkonpflanzen, für die anderen ein zauberhaftes und anmutiges Storchschnabelgewächs, gehöre ich ab sofort zur zweiten Gruppe. Überwältigt und beeindruckt von der Schönheit, die sich mir erst auf den zweiten Blick erschlossen hat, sind wir uns jetzt auf ewige Zeiten zutiefst grün.
Ab jetzt werde ich mein kleines Oma Blümchen hegen und pflegen, auf dass es eine große Pelargonie werde. Oder eine Geranie? An der Unterscheidung zwischen Pelargonie und Geranie wird noch fieberhaft gearbeitet, doch sollten Sie zufällig Bescheid darüber wissen, wer eigentlich wer ist und wann man wie zu wem sagt, würde ich mich über einen Kommentar dazu ausgesprochen freuen!
Für immer beste Freunde!
Bildquelle: Pelargonium for Europe
Schreibe einen Kommentar