Gartenkrimi: Interview mit Martina Parker

Der Gartenkrimi als neues Untergenre im weiten Feld der Krimis kommt genau zur rechten Zeit. Pandemie, Kriege und Inflation lassen die Nerven schon reichlich flattern, so dass es eigentlich keiner extra Spannung bedarf. Wäre da nicht Martina Parker, die mit ihrem schrulligen wie skurilen Personal in ihren Gartenkrimis daherkommt und für Wirbel im Garten und im sonstigen Leben sorgt. Ihre LeserInnen in einen anderen, trotz aller Krimispielarten positiven Gemütszustand zu bringen versteht und für beste Unterhaltung sorgt. Mit viel schwarzem Humor. Manchmal auch auf burgenländisch, versteht sich. Denn von dort kommt sie her, dort lässt sie morden, garteln und lieben. Eh kloa? (Logisch, oder?)

Der Mörder ist nicht immer der Gärtner

Im Gartenkrimi drängt sich zwangsläufig die Frage nach dem Gärtner auf. Natürlich wird man sich fragen, ob der Mörder der Gärtner ist, der am Ende erbarumungslos zuschlagen wird. Wie es im Liedtext heißt. Zumindest Reinhard Mey Fans werden nicht umhinkommen, genau daran zu denken. Oder ob der Radieschen Mörder oder gar der Mörder Wurm sein Unwesen treibt.

Soviel sei vorab schon verraten, keiner von den drei genannten ist der Unhold. Denn Martina Parker hat anderes im Sinn mit uns, ihren LeserInnen, die sich auf Leseabenteuer ins Garten-Krimi-Milieu begeben und ab und an laut lachend mitfiebern. Denn so einfach macht sie es uns nicht, bedient sie doch keines dieser Klischees.

Aber lesen Sie selbst.

Die Gartenkrimi Autorin Martina Parker ganz persönlich

Martina Parker (Foto: Vanessa Bruckner)

Die Autorin wird als aufgehender Star am Gartenkrimihimmel gehandelt und hat mittlerweile drei Bücher veröffentlicht. Bücher, mit denen sie inhaltlich den Spagat zwischen Krimi und Garten auf herrlich unterhaltsame Weise schafft und dabei österreichischen Lokalkolorit versprüht, was sich auch in den Titeln ihrer bisherigen Veröffentlichungen „Zuagroast”, „Hamdraht” und „Aufblattelt” widerspiegelt.

Dabei ist ein Gartenkrimi kein einfaches Unterfangen, denn GärtnerInnen kann es ja nie grün genug sein und so auch die Erwartungshaltung an einen solchen Text. Gleich wie eingefleischte Krimifans ein Quantum Blut im Text voraussetzen. Hier spießt sich die Zielgruppe, doch Martina Parker mordet munter zwischen beiden Welten. Ohne Probleme, wie folgendes Zitat auf dem Klappentext des zweiten Bandes Hamdraht beweist:

Ich liebe dieses Buch, was außergewöhnlich ist, weil ich keine Krimis mag und keinen Bezug zum Garteln habe” (Leserin)

Ein Kompliment, das man nicht schöner ausdrücken könnte und das es in sich hat.

Wir wollen jetzt hier versuchen, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen, um zu erfahren, was die Gartenkrimi Lady antreibt und wofür sie brennt.

Martina Parker im Interview

Liebe Martina,

Was ist dir persönlich wichtig, dass deine LeserInnen über dich wissen sollten?

Eine spannende Frage. Ich liebe es, zu recherchieren, zu schreiben, Figuren und Handlungsschauplätze zu erfinden und hoffe, dass diese Begeisterung auch in meinen Büchern rüberkommt. Ich liebe alles, was wächst. Daher meine Begeisterung für die Natur und das Garteln.

Für wen schreibst du deine Bücher? Für GärtnerInnen oder eher für Krimifans? Oder für beide?

Für alle Menschen, die gerne kopfüber in Bücher eintauchen. Ich bin generell nicht so ein Fan von Kategorien und Schubladen. Eine Leserin hat über Hamdraht gesagt. „Ich liebe dieses Buch, obwohl ich weder Krimis mag, noch gartle.” Das war für mich das schönste Kompliment.

Könntest du unseren LeserInnen das Genre des Gartenkrimis etwas näherbringen und kurz anreißen, was einen Gartenkrimi ausmacht? Wo die Grenzen beginnen zu verschwimmen und was das Bindeglied der beiden Genres ist?

Meine Bücher sind keine klassischen Krimis, bei dem anfangs eine Leiche gefunden und dann ermittelt wird. Gestorben wird bei mir recht spät. Gelebt, geliebt und gegartelt dafür umso mehr. Ich versuche viel Wissen zum Thema Garten, Handwerk und Brauchtum auf amüsante Art in die Geschichten einfließen zu lassen. Dazu gehören auch die kuriosen Fakts aus der Natur am Anfang jedes Kapitels.

Was macht für dich den Reiz eines Gartenkrimis aus und wie legst du es an, einen gelernten Krimileser in die Gartenwelt zu jagen?

Für mich als Autorin ist schon die Recherche sehr spannend. Mein Suchmaschinen-Verlauf ist sehr abwechslungsreich und reicht von Fragen zur Penislänge von Nacktschnecken bis zu Fakts aus der Gerichtsmedizin. Als gelernte Journalistin hole ich mir bei der Recherche auch immer Rat von Fachleuten, wie z.B. Tina Schabhüttl und Sarah Keil, die Organisatorinnen der Gartentage und des Kramuri im Schloss Kohfidisch oder Bioerde-Erzeuger Gerhard Dunst von der Sonnenerde, um nur einige zu nennen. Manche Gärtner wie Kräuterhexe Uschi Zezelitsch oder Duftbauer Stefan Zwickl kommen auch als „echte Figuren“ im Buch vor. Für Gartenbegeisterte, die die Gartenszene kennen, ist das jedes Mal ein besonderer Reiz.

Wie bist du auf die Idee zu dieser Mischung Garten & Krimi gekommen?

Bei mir ermittelt ein Gartenklub, insofern hat sich das einfach so ergeben

Es gibt im TV so etwas wie Wohlfühlkrimis. Die Zutaten sind einfach: Kaum Blut und ein aufgeräumtes wie beherztes Ermittlerteam aus dem ländlichen Raum, das jeden Fall mit Schmäh löst. Ein Pendant dazu sind in der Literatur die Cosy Crime Bücher, die auch als gemütliche Krimis bekannt sind. Ließen sich deine Gartenkrimis in diese Cosy Crime Kategorie, in denen es weniger um Gewalt und Spannung, stattdessen mehr um Atmosphäre und Beziehungen geht, einordnen?

Das müssen die LeserInnen entscheiden. Fest steht. Ich bin kein Fan von plakativ brutalen Büchern, Filmen und Serien in denen zumeist Frauen auf schrecklichste Weise gefolterte und getötet werden. Bei mir geht es weniger darum, wie jemand getötet wird als darum, warum die Tat passiert. Insofern blicke ich schon in die Tiefen menschlicher Abgründe und thematisiere Themen wie häusliche Gewalt, Ritzen bei Teenager, sexuelle Übergriffe, die Gefahren des Darknets usw. Nur cosy wäre mir zu wenig tiefgründig.

Warum glaubst du, ist diese Form der Literatur gerade jetzt wieder besonders beliebt und gefragt?

Wir leben in herausfordernden Zeiten. Pandemie, Krieg, Energiekrise, Inflation. Gärtnern boomt, da man sich bei der Gartenarbeit erdet und als Draufgabe auch sein eigenes Gemüse ernten kann, vielleicht sogar zur Selbstversorger:in wird. Insofern freut es mich riesig, dass meine Gartenkrimis so gut ankommen. Danke an Euch alle da draußen, die mich auf dieser Reise begleiten und unterstützen. 

Du bist viel unterwegs und hältst Lesungen. Wirst du da manchmal auch nach einschlägigem Gartenwissen gefragt, wie zb welche Giftpflanzen sich für einen guten Mord am besten eignen würden?

Tatsächlich noch nie. Ich habe aber schon Lesungen gemeinsam mit Gartenexpertinnen wie Angelika Ertl, Uschi Zezelitsch oder dem Duftbauern Stefan Zwickl gehalten, die dann Background-Wissen zu den in meinem Büchern erwähnten Pflanzen beigesteuert haben. Bei meiner Lesung anlässlich der langen Nacht der Bücher in der Bücherei Oberschützen am 22.4. wird Marktgärtnerin Tanja Westfall-Greiter (www.tanjasgarten.at) mit mir auf der Lesebühne stehen. Und am 4.6 , 15h, bei den Gartentage im Schloss Kohfidisch, bei einer Lesung mit Kollegin Michaela Baumgartner wird Rosenexperte Herbert Almer dabei sein.

Du bist mit deinen Büchern direkt auf der Bestseller Liste gelandet. Was waren deine ersten Gedanken, als du davon erfahren hast?

Ich hatte das große Glück, dass schon mein Debüt Zuagroast 2021 ein Bestseller war. Ebenso dann Hamdraht 2022 und Aufblattelt 2023. Das ist immer noch so unglaublich, dass ich mich manchmal selbst zwicken muss, um zu kontrollieren, ob ich das nicht alles träume.

Wenn man einen Bestseller geschrieben hat, entsteht oft erheblicher innerer Druck, ob das zweite Buch wohl an das erste heranreichen wird. Wie ist das bei dir? Hattest du auch mit solchen Zweifeln zu kämpfen, während du dein zweites Buch geschrieben hast? Und wenn ja, wie bist du damit umgegangen?

Hamdraht war schon fertig geschrieben als Zuagroast erschienen ist. Rückblickend betrachtet, war das aus den Gründen, die du nennst, eine totale Erleichterung. Der Druck entstand also erst beim dritten Buch Aufblattelt. Beim Launch war ich unglaublich nervös. Ich fürchte, das wird beim nächsten Gartenkrimi Ausgstochen (erscheint am 11.10.23) nicht anders sein.

Wie wichtig ist dir das Feedback deiner LeserInnen und wie beeinflusst es deine Arbeit als Autorin?

Ich freue mich, wenn meine Bücher meinen Leser:innen genauso viel Spaß machen wie mir. In Schreibphasen lasse ich meine Community auf den Facebook und Instagram Seiten martina_parker_schreibt über Handlungsstränge abstimmen. Dabei erfahre ich auch oft viel Wissenswertes, wie z.B. Bräuche, Traditionen und Rezepte, die dann in meine Bücher einfließen.

So gut wie alle AutorInnen schielen nach aktuellen Bewertungen zu ihren Büchern. Alles ist gut, solange bis eine Einstern-Bewertung auftaucht. In manchen Kreisen fast schon so etwas wie eine Auszeichnung. Wenn auch schwer verdaulich. Wie gehst du mit negativer Kritik um?

Negative Kritik ist nie angenehm, gehört aber zu unserem Beruf dazu. Ich bekam kürzlich eine Einstern-Bewertung, weil in der ersten Version von „Aufblattelt“ statt Frauenkirchen Frauenkirschen stand. Eigentlich ein lustiger Autokorrekt-Fehler.

In jedem Band deiner Bücher ist der Klub der Grünen Daumen zugange. Was hat es mit diesem Klub auf sich?

Ich wünschte, diesen Klub gäbe es. Vielleicht gründet ihn ja jemand von deinen Leser:innen und lädt mich zu einem Gartentreffen ein.

Woher nimmst du die Inspiration für deine Bücher aus beiden Welten? Wieviel Prozent des Plots kommt aus dem Garten und wie hoch ist der Krimianteil in deinen Büchern?

In einer Rezension stand einmal Martina Parkers Gartenkrimis sind 20 % Krimi, 20 % Garteln und der Rest ist südburgenländische Sozialstudie. Das trifft es ganz gut.

Mixt du die Milieus intuitiv und zufällig zusammen oder steht das in einem vorab geplanten Verhältnis?

Ich bin beim Schreiben keine strikte Vorausplanerin. Bei mir entstehen die Stories während des Schreibens organisch. Ich sehe meinen Figuren zu und schreibe auf, was ich sehe.

Jedes deiner Kapitel beginnt mit einem kleinen informativen Text aus der Tierwelt und spannenden Fakten über das jeweils vorgestellte Tier. Man erfährt so einiges über Schlangen, Spinnen oder sogar die Karottenfliege, die ausnahmsweise als Möhrenfliege durch den Text schwirrt. Wie hast du diese Einstiegstexte ausgewählt und zusammengestellt?

Diese Vorspännen haben mal mehr und mal weniger einen direkten Bezug zu den nachfolgenden Kapiteln. Das berücksichtige ich auch bei der Recherche.

Ähnlich den Einleitungstexten sind zwischen den Kapiteln kleine, in sich abgeschlossene Texte gestreut, die Einblicke in die Gedanken einer Wasserleiche geben. War das von vornherein so geplant oder hast du diese Stellen nachträglich eingebaut?

Diese Idee ist mir gekommen, als ich ein Interview mit Rettungstauchern gemacht habe und diese mir so viele Fakts zu Wasserleichen erzählten, die ich unbedingt ins Buch einbauen wollte.

Wenn man sich deine Interviews anhört, könnte man glauben, es gäbe Parallelen zwischen dir und einer Figur im Buch, die als eine Frau beschrieben wird, die vor nichts Angst hat. Wieviel Autobiografisches steckt in deinen Büchern?

Ich denke in jeder Buch-Figur steckt etwas von der Autor:in, die/der sie geschaffen hat. Man hat die Leute ja erfunden und kriecht in deren Köpfe rein. Am liebsten stecke ich im Kopf vom Oma Hilda. Sie ist die unverblümte Verwandte, die wir alle kennen oder sind. Ich freue mich schon jedes Mal auf die nächste Hildaszene. 

Die Autorin Ingrid Noll mordet ja auch in ihren Büchern, allerdings neigt sie zum inflationären Morden, sehr zum Leidwesen ihrer Lektorin. So, dass diese sich immer wieder dazu gezwungen sieht, die eine oder andere Leiche im Text zu eliminieren. Notfalls auch gegen den Widerstand der Autorin. Denn manchmal sei es einfach zuviel der Toten. Meint die Lektorin. Ein Spleen, sagt die Noll. Hast du auch einen Spleen beim Schreiben entwickelt?

Keinen, der mir bewusst wäre 😉

Hast du schon jemals daran gedacht, in einem anderen Genre zu schreiben? Wenn ja, in welches neue Genre würdest du gerne eintauchen, um ein Buch zu schreiben?

Nachdem ich mich nicht an die klassischen Genre-Regeln halte, hatte ich bis dato zum Glück noch nie das Gefühl etwas verpasst zu haben.

Aktuell schreibe ich auch Kurzgeschichten für Anthologien. Aktuell ist die Krimi-Anthologie „Meer Morde“ von Rotraud Schöberl im Residenz Verlag erschienen, bei der ich meine Figur Vera Horvath ins Nordburgenland geschickt habe.

Braucht du ein bestimmtes Ambiente, um in den Schreibfluß zu kommen, oder kannst du überall schreiben?

Ich schreibe überall und jederzeit und am liebsten morgens.

Welche AutorInnen und Bücher beeinflussen deine Arbeit als Schriftstellerin? Welche literarischen Vorbilder hast du und wie würdest du deinen Schreibstil bezeichnen?

Es gibt so viele gute Autor:innen. Sie alle zu nennen, würde den Rahmen hier sprengen. Aktuell lese ich gerade Ewald Arenz, René Freund, Alex Beer, Ellen Dunnes und das Manuskript für das neue Buch von meiner Schreibschwester Susanne Kristek. Darüber hinaus lese sehr viele englische und irische Bücher, da ich den Humor sehr mag. Dieser trockene Humor ist mir auch bei den eigene Büchern wichtig.

Journalistin, Autorin und Gärtnerin, wofür schlägt dein Herz noch?

Für meine Familie und für das Leben auf unserem südburgenländischem Streckhof. Wir haben Pferde, Katzen, Fledermäuse. Wir bewirtschaften Streuobstwiesen auf denen wir Heu machen und produzieren unseren eigenen Apfelsaft. Fad wird es da nie.

Wie viel Zeit verbringst du selbst im Garten?

Ich gartle sehr naturnah. Sprich unser Garten gleicht manchmal einer Wildnis. Manchmal verbringe ich Stunden dort, dann komme ich wochenlang zu gar nichts, weil ich z.B. auf Lesetour bin. Aber die Natur regelt viel von alleine. Den Pflanzen und vor allem den Insekten gefällt das. Und im Herbst bleibt genug Ernte für alle. Sogar für die Nacktschnecken.

Was machst du am liebsten in deinem Garten? Gärtnern, Lesen, Schreiben…?

Mich durchkosten. Nichts schmeckt besser als eine junge Erbse, eine sonnenwarme Tomate, oder ein sommerlicher Klarapfel direkt vom Baum. 

Mittlerweile gibt es ja sogar schon Fahrradtouren mit dir, die an die Originalschauplätze aus den Büchern führen. Was würdest du deinen LeserInnen (neben einer solchen Radtour) empfehlen, die einen Burgenlandbesuch planen und ausgiebig Lokalkolorit schnupfen wollen?

Alle Lokale und Künstler:innen, die ich in meinen Krimis empfehle sind persönliche Empfehlungen, die vom Herzen kommen. Ein Must See für Gärtneri:nnen sind auf alle Fälle die Gartenveranstaltungen im Schloss Kohfidisch. Die sind so wunderbar und einzigartig, weil sie für die Veranstalerinnen ein echtes Herzensprojekt sind. Die Aussteller, die Deko, die Kulinarik. So etwas gibt es kein zweites Mal. Ich war schon mehrmals auf der Chelsea Flower Show, aber Kohfidisch ist besser.

Wie geht’s nun weiter mit deiner Gartenkrimi Reihe?

Der vierte Band Ausgstochen erscheint am 11.10. 23. Derzeit arbeite ich breits am 5. Band Eintunkt (ET 2024).

Herzlichen Dank für das Interview!

Vielen Dank für deine tollen Fragen.

      Mehr über die Autorin finden Sie auf ihrer Seite MARTINA PARKER schreibt


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