Rosengallen im Herbstgarten und eine überraschende Entdeckung. Denn, was hängt da an der wilden Rose? Beim inspektierenden Rundgang durch den schon recht transparent gewordenen Garten traf mich fast der Schlag. Die Rose trug kleine rote Perücken. Rosengallen. Ein Insektenhotel für Gallwespen. Darf das sein oder muss das weg?
Inhalt
Von Rosengallen und ihren Gästen
Die Rose hatte sich verwandelt. Rot gefärbte Gewächse umschlossen die Stiele der wilden Rose, die ihrem Namen gerecht wird und überaus wild wuchert. Wie eben diese unbekannten Puschel auch. Interessante Auswüchse, die aussehen, als wären sie von der Rose durchbohrt und regelrecht aufgespießt. Ein Bild, das mir bislang fremd war. Eines, das für mich keinen Sinn ergab. Zu diesem Zeitpunkt waren mir Rosengallen noch gänzlich unbekannt.
Bei diesen Klammeräffchen, die sich rund um die Rose herum festzuklammern scheinen, handelt es sich um sogenannte Gallen. Das sind Gebilde, die aus kleinen Kammern bestehen und die den Larven der Gallwespe als Brutstätten dienen. Doch sind Gallen keine Exklusiveinrichtungen nur für Gallwespen und ihren Nachwuchs, sondern eher eine Art Wohngemeinschaft. Denn oft machen es sich auch andere Parasiten und Untermieter in den Nachbarkammern der Galle gemütlich.
Wie entstehen Rosengallen?
Fragt sich nur, wie ein derartiges Konstrukt einer Behausung für den Wespennachwuchs entsteht. Die Wespen dürften ja nicht in der Lage sein, sich ihr Kinderzimmer selbst zu zimmern. Wer also steckt dahinter, wer gibt den Architekten für die Galle?
Die Antwort mag überraschen, denn interessanterweise ist es die Rose selbst. Sie nimmt die Sache einfach selbst in die Hand und löst, aktiviert durch den Fraß der gierigen Untermieter, die Gallenbildung aus.
Manchmal sogar an Außenstellen, wie hier am Blatt im Bild unten zu sehen ist.
Entwicklung der Gallwespen
Bei den Gallwespen leisten die Weibchen mal wieder die ganze Arbeit. Im Frühjahr suchen sie sich eine hübsche Rosenknospe, die sie in Folge mit ihrem Legestachel anbohren und dort ihre Eier, ablegen, woraus sich Larven entwickeln. Eine jede in einer eigenen Kammer.
Die Larven schlüpfen bereits nach knapp einer Woche und beginnen gierig zu fressen. Der Fraß und die damit einhergehende Verletzung des Gewebes im Schlafgemach ist es, das jetzt die Wildrose anregt, übermäßiges Gewebe zu bilden.
Für die Gallwespen in jedem Fall eine clevere Art, ihren Nachwuchs zu schützen, denn zum Schutz vor Angreifern bildet die Rose jetzt auch noch ebendiese Puschel, die mir erst jetzt, im Oktober, in Auge gestochen sind, rund um die besetzten Stellen. Was den Kleinen jedoch nicht immer das sichere Überleben garantiert. Denn noch während die Gallen an ihrem Exterieur und ihrer Fassade arbeiten, kommt es immer wieder vor, dass sich andere hungrige Mäuler über die Larven hermachen und diese verschlingen. Überraschenderweise auch Spechte, die die Legekammern ansteuern, um sich daran laben und sich auf einen Rutsch ein paar Gallwespenlarven zum Dessert gönnen.
Insektenhotel zur Rosengalle
Trotz dieser ab und an vorkommenden Invasionen ist die Galle ein luxuriöser Ort der Reifung mit Einzelzimmer. Die Gallen selbst entwickeln sich während des Sommers weiter und können einen Durchmesser bis zu fünf Zentimetern und mehr erreichen. Kein kleines oder unscheinbares Gehäuse und doch kannte ich sie bisher nicht.
Zudem sind die Gallen auch noch recht hübsch anzusehen und tragen im Herbst ein gefälliges Rot zur Schau. Fast so, als legte die Rose Wert darauf, Ton in Ton mit dem auf ihr errichtetem Insektenhotel auch weiterhin gute Figur zu machen. Was man ihr sofort zutrauen würde. In Wahrheit hängt die Färbung jedoch vom Standort ab und die Galle changiert farblich je nach Sonneneinstrahlung.
Dass ich bisher noch keine dieser behaarten wie zerzausten Puschel bewusst wahrgenommen habe, kann ich mir nur so erklären, dass sie durch den Wildwuchs, der in meinem Garten herrscht, untergangen sein und im Verborgenen herangereift sein dürften.
So die Larven noch an Ort und Stelle sind und den Sommer unversehrt überstanden haben, beginnen sich diese ab Herbst zu verpuppen.
Gut gebettet und geschützt verbringen sie die unwirtliche Jahreszeit in ihren Kinderstuben, bevor für sie im Frühjahr der Ernst des Lebens beginnt, sie sich in Insekten verwandeln und flügge werden.
Jetzt beginnt der Kreislauf des Lebens von vorne. Die geschlüpften Gallwespen suchen sich nun für ihre eigene Brut junge, austreibende Rosenspitzen. Die nächste Runde auf dem Gallen-Karussell ist eröffnet.
Die verlassenen Gallen, die wie leere Nester zurückbleiben, vertrocknen im Herbst an den Rosen und wenn die Gärtnerin nicht zur Schere greift, bleiben sie oft noch jahrelang am Rosenstrauch hängen. Zeugen von den Irrungen und Wirrungen des Lebens im Garten.
Sind Rosengallen gefährlich für die Rosen?
Der Rose selbst machen die Gallen nichts. Mag sein, dass es den Rosen sogar schmeichelt, von den Wespen auserkoren zu sein, um hier ihren Beitrag für einen nachhaltigen Weiterbestand der Insektenart leisten zu können. Bei der Annahme handelt es sich jedoch nur um reine Spekulation.
Sind Rosengallwespen gefährlich für den Menschen?
Die kleinen Wespen sind für Mensch und Tier ungefährlich.
Rosengallwespen: Nützlinge oder Schädlinge?
Entgegen ihrer markanten und ins Auge springenden Auswüchsen spielt die gemeine Gallwespe keine bedeutende Rolle als Bösewicht im Ringen um einen perfekten Garten.
Ich werde die Gallen dort belassen, wo sie sich gebildet haben und ihren kleinen Gästen Unterschlupf bieten. Im kleinen und feinen Insektenhotel zur Galle.
Kastaniengallwespe
Wobei eine Sache zu denken gibt und dagegenspricht, sie weiterhin unbeachtet Gallen produzieren zu lassen. Zumindest werde ich sie scharf im Auge behalten. Treibt doch die Kastaniengallwespe, Made in Asia, auch in unseren Breiten ihr Unwesen und führt streckenweise zu nicht unbeachtlichen Ernteausfällen.
Nicht, dass ich eine Kastanienplantage bewirtschaften würde. Allerdings steht in meinem Garten der Wirt der Gallwespe, die wilde Rose, in räumlicher Nähe zu meinem Augapfel unter den Bäumen, der Esskastanie. Ein Baum wie ein Berg, der Jahr für Jahr vortrefflich für eine Fülle an Esskastanien sorgt, die so köstlich munden, als kämen sie vom Himmel. Und das soll auch weiterhin so bleiben. Sollte sich somit eine kleine Gallwespe verfliegen und statt der wilden Rose irrtümlich die Kastanie anbohren, werde ich unverzüglich einschreiten und mit einem radikalen Schnitt dem Treiben ein Ende bereiten. In Sachen Galle entgeht mir nichts mehr, ist doch mein Blick nach dieser Entdeckung wieder um ein Quantum Röntgen geschärft.
Guter Schlaf mit Schlafapfel
Geht man entspannt an die Sache heran, ist die Gallwespe und ihre Galle ein bezauberndes Schauspiel im Jahreskreislauf und besticht durch ihre Form und Farbe. Wem das nicht genug ist, der darf auch ruhig mehr von ihr erwarten und sich von ihr verzaubern lassen.
Seit der Antike werden der Rosengalle Zauberkräfte zugeschrieben, die für einen ruhigen und erholsamen Schlaf sorgen sollen. Dazu legt man ein Galläpfelchen unter das Kopfkissen, begebe sich zur Ruhe und döse dem erlösenden Schlaf entgegen. Der Zauber scheint zu wirken, ist doch die Galle im Volksmund als Schlafapfel bekannt.
Die Beweisführung für diese Annahme überlasse ich jedoch meinen geneigten LeserInnen. Würde mich jedoch freuen, so Sie den Versuch wagen, zu hören, wie es Ihnen mit dem Zauberapfel unter dem Kissen ergangen ist.
Tipps für die Rosenpflege im Herbst finden Sie hier.
Nachtrag: Neben den Gallwespen gibt es auch noch Gallmilben. Lesen Sie hier, wie es um die Forsythien bestellt ist, wenn die Gallmilben zuschlagen.
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